Tag der Geriatrie
Praktische Alltagshilfen für pflegende Angehörige
Das Kreiskrankenhaus hat am 24.10.219 seinen ersten „Tag der Geriatrie“ veranstaltet. Eingeladen waren insbesondere pflegende Angehörige, denen ein breites Spektrum von Informationen und Workshops zum Thema „Pflege zu Hause“ angeboten wurde. Zu Beginn berichtete der Chefarzt der Klinik für Geriatrie am Kreiskrankenhaus Dr. Steffen Schlee über die gesellschaftliche Entwicklung zur Pflegebedürftigkeit. Im Landkreis Waldeck-Frankenberg ist, wie vielerorts in Deutschland eine Zunahme der pflegebedürftigen Personen zu verzeichnen.
Etwa die Hälfte dieser Personen wird zu Hause von den Angehörigen allein versorgt, ein weiteres Viertel erhält dabei Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst. Dr. Schlee wies darauf hin, dass „die pflegenden Angehörigen mit ihrem aufopferungsvollen Dienst eine tragende Säule im Pflegesystem darstellen. Umso wichtiger ist es, dass sie dabei Unterstützung erhalten, denn die Pflege belastet körperlich und seelisch enorm.“ So leiden Pflegende wesentlich häufiger an Rückenschmerzen durch Überlastung. Die Rund-um-die-Uhr-Versorgung, führt zu Schlafmangel, gesellschaftlicher Isolation und fehlenden Erholungsphasen, was nicht selten zu Depressionen führt. Die gestrige Veranstaltung bot in den verschiedenen Workshops und Beratungsangeboten Hilfestellungen für den Alltag. Die Besucher nutzen die Zeit, um sich mit den Spezialisten der Geriatrie aber auch untereinander über die häusliche Situation und die besonders belastenden Aspekte auszutauschen.
Das Team der Ergotherapie hatte für seinen Workshop viele Hilfsmittel mitgebracht, die bei körperlichen Beeinträchtigungen den Alltag erleichtern. Herr Fechtner demonstrierte beispielsweise, wie man mit einem Schuhlöffel auch Socken anziehen, oder sich den Rücken waschen kann. Viele Pflegebedürftige verwenden einen Rollator oder Gehhilfen. Die Ergotherapeuten beobachten jedoch, dass diese oftmals falsch eingestellt sind und damit ihren Zweck nur unzureichend erfüllen. Sie demonstrierten, wie man die richtige Höhe ermittelt. Schon mit diesen Kleinigkeiten kann ein sicherer Gang und damit mehr Selbständigkeit im Alltag erreicht werden. Für Einschränkungen der Feinmotorik und Feingefühl in den Händen erklärten sie die Wirkung von Rapsbädern und Zucker-Öl-Massagen.
10% aller Notarzteinsätze bei über 65-jährigen Patienten werden durch einen Sturz notwendig. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen bleiben dauerhafte Einschränkungen der Mobilität zurück. Die Mitarbeiter der physikalischen Therapie beschäftigten sich daher in ihrem Workshop mit der Sturzprophylaxe und dem richtigen Verhalten nach einem Sturz. Zunächst gilt es, mögliche Stolperfallen in der Wohnung zu erkennen und konsequent zu beseitigen. Zusätzlich muss auf festes Schuhwerk oder rutschfeste Socken geachtet werden, damit die Pflegebedürftigen festen Stand haben. Die Physiotherapeutin Frau Burk demonstrierte verschiedene Übungen, mit denen Standfestigkeit, Gleichgewicht und Koordination trainiert werden können. Zusammen mit ihrem Kollegen führte sie vor, wie die gefallene Person selbst oder der Helfer vorgehen kann, wenn der Sturz doch passiert ist. Sie erläuterten auch, in welchen Fällen man besser den Notarzt rufen sollte. Eine offensichtlich durch eigene Erfahrungen sensibilisierte Besucherin stellte zutreffend fest, dass es am wichtigsten sei Ruhe zu bewahren, dem/der Gestürzten Zuversicht zu vermitteln und auch nicht direkt zu versuchen, ihn/sie hochzuziehen. Wenn keine schweren Verletzungen oder Brüche vorliegen, kann sich der/die Gefallene nach Überwindung des ersten Schreckens in vielen Fällen selbst wieder erheben.
Zwei Mitarbeiterinnen des Sozialdienstes des Kreiskrankenhauses waren mit einem offenen Gesprächsangebot beteiligt. Sie hielten viel Informationsmaterial und Adressen für pflegende Angehörige parat. In Einzelgesprächen berieten sie über die vielfach nachgefragten Themen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Außerdem suchten die Teilnehmer Rat zum Thema Pflegegrad-Beantragung.
Das Team der Pflege der Geriatrie demonstrierte im Skills-Lab, dem Schulungs-Krankenzimmer der Pflegeschule, wie man den Pflegebedürftigen lagert, aus dem Bett bekommt und wieder in einen Sessel oder Rollstuhl setzt. Dabei wurde deutlich, dass viele pflegende Angehörige bisher zu wenig Anleitung erhalten hatten. Sie mühten sich teilweise schon seit Jahren bei diesen Tätigkeiten ab, überlasteten ihre Rücken und waren mit dem Ergebnis doch unzufrieden. Schon mit kleinen Tipps wie: „Wo muss der Handgriff positioniert werden“, oder “Auf welche Höhe sollte das Pflegebett zum Aufstehen eingestellt werden“ wurde vieles leichter, wie die Besucher selbst ausprobieren konnten. Neben der rein körperlichen Pflege wurden auch einige Fragen zum Thema Demenz beantwortet.
Schülerinnen des Schulzentrums für Pflegeberufe ergänzten das Angebot mit der Möglichkeit Blutdruck und Blutzucker kontrollieren zu lassen, was viele der Besucher in Anspruch nahmen. Sie erklärten auch, wie die Besucher bei ihren Angehörigen die Messungen richtig durchführen.
Nach dem positiven Feedback, dass die Besucher der Veranstaltung gaben, möchte Dr. Schlee den „Tag der Geriatrie“ in Zukunft jährlich anbieten.