Kreiskrankenhaus unterstützt bei Behördenverfahren und gewinnt qualifizierten Mediziner
Arzt aus Nigeria in Weiterbildung
Jeder Mensch hat seine Geschichte, aber einige sind besonders inspirierend und zeigen die Herausforderungen, denen sich viele Menschen mit Migrationshintergrund gegenübersehen. Onyekachi Ilogu ist ein solcher Mensch. Seine Reise von Nigeria nach Deutschland, von einem qualifizierten Arzt zu einem Hospitanten, der für seine Anerkennung kämpft, ist beeindruckend. Das Kreiskrankenhaus hat ihn auf seinem Weg unterstützt – und ihn als neuen Mediziner für die Klinik gewinnen können.
Der 35-jährige Onyekachi Chiedozie Ilogu ist in Nigeria geboren, dort zur Schule gegangen und hat im Anschluss eine Ausbildung zum Zahntechniker absolviert. Eigentlich wollte er gerne Humanmediziner werden, konnte in seiner Heimat jedoch keinen Studienplatz bekommen. Doch der Wunsch nach einem Medizinstudium blieb beharrlich in seinem Kopf. Mit Unterstützung seiner Familie konnte er ihn sich mit einem Studienplatz in Ungarn erfüllen. Sein „Praktisches Jahr“ absolvierte er 2019 in einer Klinik in Augsburg. Schon hier war klar, dass Onyekachi Chiedozie Ilogu nach dem Erwerb der Approbation gerne in Deutschland arbeiten würde, weshalb er entsprechende Sprachkurse besuchte und bereits das B2-Sprachlevel erwarb.
Doch zunächst ging es zurück nach Nigeria, denn seine Aufenthaltserlaubnis lief ab. Er versuchte von dort erneut, ein Visum zu erhalten, mit dem er in Deutschland auf Stellensuche gehen wollte. Doch das Verfahren zog sich hin. Ganze drei Jahre dauerte es, bis er ein neues Arbeitssuche-Visum erhielt. Zwischenzeitlich arbeitete er in Nigeria in einer Praxis für Allgemeinmedizin. „In Nigeria musste ich für die Anerkennung meiner in Ungarn erworbenen Approbation ein weiteres Anerkennungsjahr und Prüfungen absolvieren“, berichtet Ilogu, dessen Mutter noch in Nigeria lebt.
Seit Anfang 2023 zurück in Deutschland, galt es für ihn zunächst, sich auf die Fachsprachenprüfung vorzubereiten. „Die Sprachkenntnisse, die ich 2019 hier erworben hatte, sind natürlich in den 3 Jahren in Nigeria wieder etwas in Vergessenheit geraten, denn dort hatte ich kaum Gelegenheit Deutsch zu sprechen“, berichtet er. „Ich habe aber schnell wieder in die Sprache hineingefunden. Das Bestehen dieser Prüfung ist Voraussetzung, um mit seiner Approbation in Deutschland praktizieren zu können, somit einen Arbeitgeber zu finden und eine längerfristige Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis zu bekommen.“
Doch noch bevor alles unter Dach und Fach gewesen wäre, drohte durch den Ablauf seines Visums sein Traum erneut zu platzen. Hier kommt nun eine glückliche Fügung ins Spiel. Onyekachi Ilogu lernte Erdogan Senlikoglu kennen, der in der Personalabteilung des Kreisrankenhauses Frankenberg arbeitet und tagtäglich die Problematik sieht, Ärztinnen und Ärzte/medizinisches Personal für die Kreisklinik zu gewinnen: „Onyekachi und ich trafen uns durch einen gemeinsamen Freund und trotz unserer kurzen Bekanntschaft vertraute er mir seine Geschichte an. Er erzählte von seiner Zeit als Arzt in Nigeria und von seinem Umzug nach Deutschland, wo er zunächst in der Nähe des Bodensees lebte, bevor er nach Kassel zog. Zu diesem Zeitpunkt war er optimistisch, bald seine Zulassung zu erhalten. Er musste nur noch seine Fachsprachenprüfung in Medizin ablegen. Aber wie so oft im Leben, sind die Dinge nicht immer so einfach. Onyekachis Visum war nur bis Ende September gültig und erlaubte ihm nicht, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Als ich von dieser Herausforderung erfuhr, entschloss ich mich, ihm zu helfen.“
Und Herr Senlikoglu stieß damit bei seinem Arbeitgeber auf offene Ohren. Nach einem Vorstellungsgespräch mit den chirurgischen Chefärzten Dr. med. Arkadiy Radzikhovskiy und Dr. med. Oliver Schuppan waren diese gerne bereit, Herrn Ilogu zu unterstützen und in der Chirurgie weiter auszubilden. Gemeinsam entwickelte man eine Strategie und schuf im Haus die notwendigen Voraussetzungen für Ilogus Einsatz. Die organisatorische Arbeit und die Kontakte mit den Behörden übernahm Herr Senlikoglu: „Die verschiedenen Anmelde- und Genehmigungsverfahren waren zeitaufwendig. Onyekachis Geschichte ist ein Beispiel dafür, wie komplex die Wege zu einem Arbeitsplatz sind, trotz einer gültigen - da in der EU erworbenen – Approbation. Es zeigt auch die Bedeutung von Unterstützung, Empathie und Zusammenarbeit, wenn es darum geht, Barrieren zu überwinden und gemeinsame Ziele zu erreichen.“ Seit Mitte Oktober ist nun alles geregelt, und das Kreiskrankenhaus hat Herrn Ilogu direkt unter Vertrag genommen. Er arbeitet nun als Assistenzart in der Chirurgie und beginnt seine Facharzt-Weiterbildung.
Herr Ilogu hat sich mittlerweile in Frankenberg und im Kollegenkreis eingelebt: „Ich bin sehr froh über die Möglichkeiten, die sich mir hier durch erfahrene Kollegen und moderne Geräte für die Basisweiterbildung Chirurgie bieten. Ich werde je 6 Monate in der Orthopädie und Unfallchirurgie sowie der Allgemein- und Viszeralchirurgie eingesetzt. Auch die Abteilung Anästhesie- und Intensivmedizin werde ich kennenlernen. Um meine Sprachkenntnisse weiter zu verbessern, führe ich viele Gespräche mit unseren Patienten. Das stärkt nicht nur die gemeinsame Kommunikation, sondern ist auch ein sehr gutes Training. Die Unterstützung durch das Krankenhaus und insbesondere Erdogan Senlikoglu haben mir sehr geholfen. Dank ihnen kann ich hier nun endlich auch finanziell auf eigenen Beinen stehen. Ich bin auch Gott, meiner Familie und meinen Freunden zu Dank verpflichtet, die mich zu jeder Zeit unterstützt haben.“
Die Geschäftsführerin des Kreiskrankenhauses Margarete Janson betont: „Uns ist es gelungen, einen fähigen Mediziner für uns zu gewinnen, der nun nach der bestanden Sprachprüfung und der offiziellen Arbeitserlaubnis als voll einsatzfähiger Assistenzarzt die Kollegen in der Chirurgie unterstützt. Mit Herrn Ilogus als Präzedenzfall haben auch wir als Arbeitgeber viel Erfahrung gesammelt. Diese wollen wir weiterhin nutzen, um medizinisches Personal für unser Haus zu akquirieren. Derzeit sind noch weitere Ärztinnen und Ärzte in ähnlichen Situationen, die bei uns hospitieren und die wir gern ähnlich unterstützen möchten.“