Akademisches Lehrkrankenhaus der Philipps Universität Marburg
Medikamentenbox

Antibiotika-Ratgeber Information für Patienten, Angehörige und Besucher

Wie wirkt ein Antibiotikum?

Wenn Bakterien in unseren Körper eindringen und sich vermehren, damit das Abwehrsystem unseres Körpers umgehen und uns krank  machen, brauchen wir Antibiotika. Antibiotika helfen unserem Abwehrsystem, diese Bakterien zu bekämpfen. Einige Antibiotika verhindern, dass die Bakterien sich weiter vermehren, andere Antibiotika töten Bakterien direkt ab. Leider können Antibiotika nicht zwischen den „schlechten“ , uns krank machenden Bakterien und den „guten“, auf Haut und Schleimhaut lebenden nützlichen Bakterien unterscheiden und töten somit oft auch die nützlichen Bakterien mit ab. Dies kann unser natürliches mikrobielles Gleichgewicht durcheinanderbringen. Je mehr Antibiotika verordnet und eingenommen werden, desto höher ist das Risiko, dass sich resistente Bakterien bilden und verbreiten.  

Daher gilt:

So oft wie nötig, so selten wie möglich.

Warum gibt es unterschiedliche Antibiotika?

Mehr als 50 unterschiedliche Wirkstoffe werden als Antibiotika eingesetzt. Sie unterscheiden sich in ihrer Wirkweise gegen Bakterien. Dies erklärt auch, warum ein Antibiotikum bei der einen Art Infektion wirkt, bei einer anderen aber wirkungslos bleibt.

Wann wirken Antibiotika? Und wann wirken sie nicht?

Es gibt Infektionen mit Bakterien und mit Viren. Antibiotika wirken gegen bakterielle Infektionen, sind aber gegen durch Viren verursachte Infektionen unwirksam.

Sicher bakterielle Infektionen sind z. B. Scharlach, Keuchhusten, Tuberkulose und eitrige Hautentzündungen. Häufig bakterielle Infektionen sind z. B. Mandelentzündungen, Lungenentzündungen, Hirnhautentzündungen und Blasenentzündungen. Erkrankungen durch Viren sind z. B. die meisten Erkältungskrankheiten wie Husten, Schnupfen, Halsschmerzen, Bronchitis und Grippe, aber auch einige Durchfallerkrankungen, hier sind Antibiotika wirkungslos.

Welche typischen Nebenwirkungen haben Antibiotika?

  • Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall, Bauchschmerzen und Übelkeit
  • allergische Reaktionen wie Rötung,  Juckreiz oder Quaddelbildung der Haut, aber auch der allergische Schock
  • Scheidenpilzinfektionen bei Mädchen und Frauen
Was ist zu beachten?
  • vorgegebene Einnahmezeiten müssen eingehalten werden, drei Mal täglich heißt nicht morgens/mittags/abends, sondern bedeutet alle 8 Stunden
  • Antibiotika müssen so lange und in der Dosierung eingenommen werden, wie sie vom Arzt verordnet wurden, sie dürfen also nicht abgesetzt werden, weil es dem Patienten bereits wieder besser geht
  • man darf keine Antibiotika von anderen Patienten nehmen oder seine Antibiotika an andere Personen weitergeben, die gleiche oder ähnliche Krankheitszeichen haben
  • kaufen Sie Antibiotika nie ohne Rezept, auch nicht im Internet oder in Ländern, in denen Antibiotika rezeptfrei erhältlich sind
  • Vorsicht vor allgemeinen Informationen, die Sie im Internet oder in Ratgebern finden: sie treffen oft nicht genau auf Ihre Situation zu, diese kennt nur ihr behandelnder Arzt
  • teilen Sie dem Arzt alle Medikamente mit, die Sie zur Zeit einnehmen, um Wechselwirkungen zu vermeiden
  • fragen Sie den Arzt oder Apotheker, wie Sie das Antibiotikum einnehmen sollen, also vor oder zu den Mahlzeiten, trinken Sie ausreichend
  • fragen Sie den Arzt oder Apotheker, ob Sie auf bestimmte Lebensmittel verzichten müssen, zum Beispiel Milch und Milchprodukte, Grapefruitsaft, Alkohol, Koffein, einige kalziumhaltige Nahrungsmittel
  • merken Sie sich alle Antibiotika, bei denen Sie eine allergische Reaktion hatten und merken Sie es sich für Ihre Kinder. Diese Antibiotika sollen nicht mehr oder nur in einem akuten Notfall verordnet werden. Führen Sie Ihren Allergiepass immer bei sich
  • heben Sie keine Reste auf, um sie bei der nächsten Infektion einzunehmen
  • Tabletten dürfen nur in der Bruchrille zur leichteren Einnahme geteilt werden. Tabletten ohne Bruchrille dürfen nicht geteilt werden, da dies die Wirkung beeinträchtigen kann
  • Antibiotikareste werden nicht über die Toilette oder das Waschbecken entsorgt, sondern über den Hausmüll, wo sie rückstandslos verbrannt werden
  • sollten Sie überaus heftige, über 24 Stunden andauernde Durchfälle bekommen und Sie sich geschwächt fühlen, informieren Sie Ihren Arzt

Was sind Antibiotikaresistenzen?

Bakterien können sich gut an ihre Umgebung anpassen. Wenn Sie sich an Antibiotika anpassen, werden sie, wenn einige Bakterien überleben, gegen diese Antibiotika widerstandsfähig und damit resistent. Die Folge ist, dass dieses Antibiotikum bei diesen Bakterien nicht mehr wirksam ist. Die Gefahr dieser Resistenzbildungen ist besonders groß, wenn Antibiotika fehlerhaft oder unnötig angewendet werden. Daher gilt: so gezielt wie nötig-so wenig wie möglich

Diese Resistenzen sind heute ein großes Problem. Für einige Infektionen stehen kaum noch wirksame Antibiotika zur Verfügung, so dass eigentlich gut behandelbare Infektionen in Zukunft lebensbedrohlich werden können.

Welche resistenten Bakterien kennen wir?

Das Bakterium Staphylokokkus aureus ist bei vielen Menschen zu finden. Wenn dieses Bakterium gegen verschiedene Antibiotika resistent wird, wird es zum bekanntesten Beispiel der multiresistenten Keime, dem  MRSA (Methicillin- oder Multi-resistenter Staphylokokkus aureus), den circa 10% aller Deutschen auf der Haut oder der Schleimhaut tragen. Aber auch Darmbakterien können zu den multiresistenten Erregern (MRE) gehören, das sind zum Beispiel MRGN (multiresistente gramnegative Stäbchen-Bakterien) oder VRE (Vancomycin resistente Enterokokken).

Das gemeine ist, man merkt es gar nicht, wenn man einen dieser Erreger trägt, denn man ist nicht krank. Deshalb machen wir bei Aufnahme in unser Krankenhaus gezielt Abstriche bei Patienten nach Risikoanalyse und suchen multiresistente Erreger.

Erst wenn das Immunsystem geschwächt ist, wie zum Beispiel bei einer schweren Erkrankung oder die Bakterien von der Hautoberfläche unter die Haut gelangen und in den Körper eindringen, kann eine Infektion ausbrechen. Daher sind MRE vor allem im Krankenhaus gefürchtet.

Um die Ausbreitung multiresistenter Keime zu verhindern, ist es wichtig, gerade im Krankenhaus auf Hygiene zu achten: hier sollte man sich immer die Hände waschen und/oder desinfizieren.